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Neue Wege bestreiten statt ständig bei den gleichen Volksläufen aufkreuzen, das habe ich mir für 2015 auf die Fahne geschrieben. Natürlich gibt es einige schöne Rennen den ich auch in diesem Jahr die Treue halten werde. Der Schwerpunkt soll aber auf für mich unbekannte Strecken liegen. Der Dragon Ultra Trail sollte eine dieser neuen Strecken für mich werden. 



Dieser Lauf führt von der Jugendherberge Bad Honnef über neun Gipfel des Siebengebirges zum Haus am Rhein in Bonn-Beuel. Die Strecke ist ca. 50 km lang, hat ca. 1900 Höhenmeter, ist nur per GPS Track zu finden und hat keine Verpflegungspunkte. Eine weitere Besonderheit stellen die Medaillen dar. Es gibt nämlich keine Finishermedaillen, sondern Gold-, Silber-, und Bronzemedaillen für bestimmte Durchschnittsgeschwindigkeiten. Selbst Bronze ist für meine Verhältnisse nur schwer zu schaffen, müsste ich doch unter 7:15:00 im Ziel eintreffen. Ein ideales Laufabenteuer um für mich neue Erfahrungen zu sammeln.

So machten Torben Buls (THE RUNNERS) und ich mich gegen 5:00 Uhr auf Richtung Rhein. Nach einer kurzen Sightseeingtour durchs morgendliche Bonn erreichten wir noch immer viel zu früh Bad Honnef. Aber lieber zu früh als zu spät.



Die Herberge zum Drachentor

In der Jugendherberge begrüßte uns Rennveranstalter Michael „Hexer“ Frenz am Frühstückstisch. Nach ein bisschen Klönschnack trudelten weitere Teilnehmer ein.  Wir bekamen ein Lunchpaket in Form von einer Trinkflasche und diverser Gels und Riegel.



Beim Briefing prophezeite der Hexer, lediglich 30 der anwesenden 42 Teilnehmer würden es ins Ziel schaffen. „Wer beim Hexer startet, weiß worauf er sich einlässt“ verkündete Michael. Also ich nicht so wirklich. Ich wagte wie schon so oft den Sprung ins eiskalte Wasser.



Foto: Michael Frenz

Um 11:00 Uhr schickte uns der Hexer endlich auf die Strecke. Wir waren noch nicht mal richtig auf Betriebstemperatur als der erste ernstzunehmende Anstieg anstand. Der Boden war vom Regen der letzten Nacht gut durchgeweicht. Meine wasserdichten Socken rentierten sich  schon auf der ersten Meile. 

Foto: Torben Buls

Torben und ich kamen nicht so richtig ins Rennen. Nach gut 5 km verloren wir den Anschluss an die kleine Gruppe vor uns. Fortan sollte also mein Etrex 20 als Reiseführer herhalten.

An einem Parkplatz, gut 8 km waren gelaufen, trafen wir auf Michael. „Ihr seht noch super aus“ rief er uns zu, ehe uns der Wald wieder verschlang. Soso, wir sahen also noch gut aus. Aber fühlten wir uns auch so? Ich für meinen Fall hatte heute sehr früh schwere Beine. Torben machte einen ähnlichen Eindruck. Um eine Medaille brauchten wir uns keine Gedanken machen. Das stand sehr schnell fest. Die geforderten Sub 7:15 für Bronze übten nun also keinerlei Zeitdruck mehr auf uns aus. Hauptsache ankommen. Schließlich wollten wir uns wenigstens unser Finishershirt verdienen.

Wir liefen einen wunderschönen, matschigen Pfad an einem Bach entlang. Es ging leicht bergab und man konnte halbwegs Geschwindigkeit halten. Das war der meiner Meinung nach bis hier schönste Abschnitt der Strecke. 



Natürlich blieb es nicht bei diesem schönen Pfad. Schließlich wollten neun Gipfel erklommen werden. Wir marschierten wieder bergauf. Nach einem kleinen Snack ging es uns innerlich schlechter. War wohl doch keine so gute Idee.

Irgendwie war heute der Wurm drin. Und das bei uns beiden. Beine schon sehr früh sehr schwer, ausgelaugt und nun auch noch das. Wir quälten uns weiter über die Strecke. Zwischenzeitlich wurden wir immer wieder mal mit herrlicher Aussicht belohnt.



Die Strecke glich einer Achterbahnfahrt. Es war ein ständiges auf und ab. Nicht nur der Höhenmeter, sondern auch der Gefühle. Die Kilometer zogen sich wie Kaugummi. Brauchten wir für die ersten 10 km ungefähr 1 3/4 Stunden, waren wir nach 20 schon über 4 Stunden unterwegs. Das zehrte nicht nur an den Kräften, sondern auch an den Nerven.

Unser Track führte uns über schönste Trails. Hindernisse auf Augenhöhe waren keine Seltenheit.

Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ’ne Zahnradbahn her. Ein Zeichen von Zivilisation. Hurra!

Mit letzten Kräften schleppten wir uns hoch zur Burgruine Drachenfels. Dort legten wir eine wohlverdiente Pause ein.

3D Modell der Ausflugsplattform Drachenfels

Burgruine Drachenfels

Wahrzeichen des Siebengebirges: Bergfried der Burg Drachenfels

Hier oben soll Siegfried von Xanten den Drachen Fafner getötet haben. Nur zu gerne hätte ich in seinem Blute gebadet um Unbesiegbarkeit zu erlangen. Eine Cola trinken musste reichen. Gestärkt von der Limonade und den Eindrücken dieses sagenhaften Ortes machten wir uns an den Abstieg. Die Pause hatte uns gut getan. Uns ging es spürbar besser. Besonders mir.

Wir liefen an einem Lost Place vorbei. Die Schienen der Zahnradbahn kreuzten wir am Schloss Drachenburg.

Schloss Drachenburg

Hier müssten wir den Track verlassen und leicht improvisieren, da der zu laufende Weg  vom Schlosspersonal vor unserer Nase verschlossen wurde.

Als nächstes liefen wir an der Niebelungenhalle vorbei. Sie wurde im Jahre 1913 zum 100. Geburtstag Richard Wagners als Gedächtnistempel errichtet.

Niebelungenhalle

Nach einer Stipvisite in Königswinter pilgerten wir über den unteren Abschnitt des Petersberger Bittweges wieder in den Wald zurück. Lief der letzte Abschnitt für uns doch gut, wurde es nun wieder anstrengender. Steigungen und falsches Abbiegen zehrten an den Kräften und Nerven. Dazu kam die Gewissheit, dass wir zum Ende hin eine ganze Weile im Dunkeln tappen müssen. Die Frage war nur, wie weit würden wir noch ohne Stirnlampen kommen? Zum Glück hatten wir Stirnlampen dabei. Sonst hätten wir getrost das Rennen abbrechen können. Ohne künstliches Licht über nächtliche, unbekannte Trails musste dann doch nicht sein.

Ein Lauf mit Herz: Dragon Ultra Trail

Aber noch war es ja nicht so weit.

Es folgte ein ordentlicher Anstieg zur Burgruine Rosenau. Die Aussicht war nicht ganz so spektakulär wie vom Drachenfels. Trotzdem lohnte sich ein kleiner Abstecher in die Ruine.

Auf dem großen Ölberg war es dann soweit. Dunkelheit überkam uns. Wir kramten die Stirnlampen raus und versuchten uns noch mehr auf den Track zu konzentrieren, was nicht immer gelang. Kleine Pfade waren jetzt doch leichter zu übersehen. So kam es nicht nur einmal vor, das wir zwei Meter neben dem Trail liefen, weil wir ihn einfach nicht sahen.

Immer wieder führte uns unsere Reise über den Rheinsteig.

Nach gut 40 km erreichten wir das Grand Hotel auf dem Petersberg, welches auch als Bundesgästehaus der Bundesregierung genutzt wird. Wir kamen uns hier vor wie in einem Hochsicherheitstrakt. Das Grundstück wär gut eingezäunt und die offenen Türen des Zaunes waren Videoüberwacht. Zur besseren Ausleuchtung waren die Kameras mit Halogenstrahler ausgestattet. Zum Glück machten wir mit ihnen keine nähere Bekanntschaft. Wir telefonierten kurz mit dem Hexer, schließlich würde es bei uns noch ein Weilchen dauern.

Bundesgästehaus der Bundesregierung

Wir liefen weiter durch den Wald. Nach 42 km gönnten wir uns Cola aus Torbens Rucksack. Welch Wohltat.

Nach ein paar weiteren Kilometern im Wald kamen wir an einem Weinberg raus. Hier hatten wir nochmal einen schönen Ausblick auf den nächtlichen Rhein.

Ein bisschen später erreichten wir endlich Bonn.

Wir dachten, jetzt geht das noch kurz durch die Stadt bis ins Ziel. Vielleicht ein bis zwei Kilometer. Doch wir wurden enttäuscht. Wir müssten nochmal raus in den Wald. Vorbei an einem Steinbruch und einem stillgelegten Schacht. Oder hütete hier einst Alberich den Niebelungenhort?

Wir liefen wieder runter nach Bonn. Hinter der Brücke über die B42 wartete Michael auf uns. Von hier geleitete er uns ins Ziel.

Foto: Michael Frenz

Nach katastrophalen 12:52 waren wir nun also im Ziel. Immerhin hat der Drache uns nicht gekriegt.

Das Rennen war heute die Hölle. Vielleicht nicht nächstes Jahr, aber ich werde wiederkommen. Ich habe mit dem Drachen noch eine Rechnung offen.

http://youtu.be/_0gLoKpOjqw

Das Pulsmesser. Scharf!

Stefan ist…laufend unterwegs